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München: LiMux-Aus endgültig besiegelt

Mit der Mehrheit der großen Koalition aus SPD und CSU hat der Münchener Stadtrat Ende November nunmehr endgültig beschlossen, die Nutzung von Linux als Client-System der Stadtverwaltung und damit das einstige Open-Source-Vorzeigeprojekt der Landeshauptstadt zu beenden. Bis 2020 soll die Stadtverwaltung nun wieder auf Windows umgestellt werden.

Der Münchener Stadtrat hatte in seiner Sitzung vom 23. November mit den Stimmen der Regierungsfraktionen für die umstrittene Beschlussvorlage (siehe hier) gestimmt, wonach spätestens bis Ende 2020 eine stadtweit „einheitliche Client-Architektur“ für die insgesamt rund 29.000 Rechner geschaffen werden soll, und zwar auf Windows-Basis. Für Bürotätigkeiten und Internetanwendungen sind danach „marktübliche Standardprodukte einzusetzen“. Dies bedeutet zugleich das endgültige Aus für das einstige Open-Source-Vorzeigeprojekt LiMux, mit dem die Stadtverwaltung München mithilfe von Linux und anderer freier Software zum einen Lizenzkosten sparen und sich von marktbeherrschenden Betriebssystem-Anbietern eigentlich unabhängig machen wollte. Doch das Nebeneinander verschiedener Systeme sorgte am Ende wohl doch für zuviel Aufwand.

Einstiges Prestigeprojekt LiMux gescheitert

Hintergrund: Die Stadt München hatte als erste deutsche Großstadt im Jahre 2013 die rund 15.000 städtischen Computer von Windows auf Linux umgestellt. Das Vorzeigeprojekt für Linux und Open Source in der Stadtverwaltung war indes nie ganz unumstritten. Auch nach der Einführung geriet LiMux immer wieder wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Probleme in der Anwendung in die Kritik.

Das jetzige „Rollback“ ist Teil der „Ausplanung des IT-Gutachtens zur Neuorganosation der städtischen Informations- und Telekommunikationstechnik“. Der Münchener Stadtrat  ist mit der Entscheidung einer Empfehlung des Verwaltungsausschusses gefolgt. Dessen Grundlage war ein Accenture-Gutachten aus 2016, welches die schrittweise Rückkehr zu Microsofts Windows-Client und MS Office Suite empfohlen hatte.  Opposition und Linux-Befürworter befürchten demgegenüber, dass die Münchener Stadtverwaltung durch den Beschluss zur Rückkehr zu Microsoft nun über Jahre „lahmgelegt“ werden könnte.

Kostenanstieg wahrscheinlich

Die Kosten für das Rollback sollten eigentlich unter Verschluss bleiben. Die Oppositionsfraktionen im federführenden Ausschuss setzten jedoch durch, dass das Rathausdirektorium zumindest eine grobe Schätzung veröffentlicht (siehe hier). Demnach  belaufen sich die Gesamtkosten auf ca.89 Mio. € (davon „zahlungswirksame“ Gesamtkosten für Umsetzungsprojekte i.H.v. 86 Mio Euro). Knapp 50 Millionen entfallen allein auf den vorgesehenen einheitlichen IT-Arbeitsplatz mit Windows, weitere 36,8 Mio. € auf die restlichen Umsetzungsprojekte. Hinzu kommen rund 3 Mio. Euro „nicht-zahlungswirksame Kosten“ für Testing, Schulung und Abnahme etc. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Rückkehr zu Microsoft am Ende einen dreistelligen Millionenbetrag kosten wird, wie heise online berichtet (mehr hier).

„Immenser Verwaltungsaufwand“

Das Direktorium und der Ausschuss begründen die Rückkehr damit, dass das Nebeneinander von rund 18.500 LiMux- und 10.700 Windows-Clients einen immensen Verwaltungsaufwand verursache, der auf die Dauer nicht zu leisten sei. Da die eingesetzte Software nicht laufend auf dem aktuellsten Stand gehalten werden könne, würden die Anforderungen der Referate an den Praxis-Einsatz nicht erfüllt. Aufgrund der langen Lebenszyklen seien zudem veraltete Programme mit Sicherheitslücken und ohne Herstellersupport im Einsatz.

Nach Schätzung von Experten wird die Umstellung der IT-Arbeitsplätze auf Windows wohl mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen. Der völlige Abschied von der derzeit (noch) eingesetzten Anwendung „LibreOffice“ ist indes auch jetzt noch nicht sicher. Das o.g. Direktorium hat vor der „erneuten Bereitstellung“ von Microsoft Office als Bürosoftware empfohlen, vor einem flächendeckenden Abschied von LibreOffice einen solchen Schritt „nochmals detaillierter zu analysieren und zu planen sowie Aufwände, Kosten und Vorgehensplanung durch einen externen Wirtschaftsprüfer validieren zu lassen“. Deren Ergebnisse sowie ein vollständiges Migrationskonzept sollen dem Stadtrat bis Ende 2018 erneut zur Entscheidung vorgelegt werden.

Quelle: Heise Online

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