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Wissenschaftliche Beirat beim BMWK: Gutachten zum Thema „Bundeswehr besser ausrüsten – aber wie?“ veröffentlicht

DeckblattDer Bundeswehr steht ein Sondervermögen von 100 Mrd € zur Verfügung. Trotzdem kommt die Beschaffung dringend benötigter Waffensysteme nur langsam voran. Der Beirat untersucht Hindernisse im Beschaffungsverfahren. Er empfiehlt eine klare Trennung der Aufgaben von Regierung und Parlament und er macht konkrete Vorschläge, wie das Vergabeverfahren weiter vereinfacht und beschleunigt werden kann. Die anstehende Modernisierung der Bundeswehr sollte genutzt werden, um mit Erleichterungen im Vergabeverfahren zu experimentieren und das Innovationspotential militärischer Forschung und Entwicklung zu erschließen, auch für spätere zivile Anwendungen.

Der Beirat kritisiert, dass das Beschaffungsverfahren durch verschiedene kontraproduktive Regelungen verzögert wird. So sieht das Ausführungsgesetz für das Sondervermögen vor, dass militärische Beschaffungsverträge über mehr als 25 Mio € durch den Haushaltsausschuss nachträglich genehmigt werden müssen. Diese „Parlamentsschleife“ ist eine Besonderheit des Bundeswehretats, die der Gewaltenteilung widerspricht. Sie lädt zu Nachverhandlungen ein und schwächt die Verhandlungsposition der Bundeswehr. „Diese Regel sollte abgeschafft werden. Der Bundestag sollte seinen Einfluss darauf beschränken, dem Verteidigungsministerium jährlich seinen Haushalt zuzuweisen“, sagt Prof. Christoph Engel (Max Planck Institut Bonn), federführendes Mitglied der Arbeitsgruppe zu dem Gutachten.

Das neue Bundeswehrbeschaffungsgesetz erlaubt es, Anbieter aus anderen Staaten, auch aus den USA und anderen NATO-Ländern, vom Verfahren auszuschließen, wenn die Bundesrepublik mit einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in einem Rüstungsprojekt kooperiert. Diese Regel sollte durch einen definierten Bonus für Anbieter aus dem Inland und der Europäischen Union ersetzt werden, wenn deren Kooperation gefördert werden soll. Dadurch würden auch die Kosten der Förderung transparent.

Das Bundeswehrbeschaffungsgesetz enthält einige sinnvolle Erleichterungen im Beschaffungswesen, geht aber nicht weit genug. Der Beirat schlägt vor, den Instanzenweg bei Nachprüfungsverfahren zu kürzen, das Mittelstandsgebot zu lockern, und die Möglichkeit von Anreizverträgen für die Industrie zu erweitern. Schließlich sollten die Erleichterungen im Beschaffungswesen nicht auf Güter mit rein militärischer Nutzung beschränkt sein, sondern auf den gesamten Bedarf der Bundeswehr ausgedehnt werden. „Die Erfahrungen mit militärischen Beschaffungen sollte man nutzen, um auch andere Beschaffungsverfahren und Großprojekte zu beschleunigen“, fordert Prof. Klaus Schmidt (LMU München), Vorsitzender des Beirats.

Beschaffungen für die Bundeswehr stehen vor einer Herausforderung, die aus der Industrie bekannt ist. Die Ingenieure oder Soldaten haben Wünsche, die nicht finanzierbar sind, die nicht schnell genug erfüllt werden können, oder die das Produkt zu komplex machen. In der Industrie ist es die Aufgabe von Controlling und Marketing, die Finanzierbarkeit sicherzustellen. Das Verteidigungsministerium sollte das Koblenzer Beschaffungsamt veranlassen, diese Rolle mit größerem Nachdruck einzunehmen.

Die Bundesrepublik hat sich bisher – aus gut nachvollziehbaren historischen Gründen – bei der Förderung militärischer Forschung zurückgehalten. Doch technische Überlegenheit ist für die Abschreckung von entscheidender Bedeutung. Darum sollten Instrumente der innovativen Beschaffung stärker genutzt und die strikte Trennung von zivilem und militärischem Bereich gelockert werden, insbesondere im Bereich der Grundlagenforschung.

Das Gutachten finden Sie hier.

Quelle: Presseerklärung des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)

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